Destinationsmanagement

Brandenburgischer Tourismustag 2021

01.03.2023
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Der Brandenburgische Tourismustag fand am 6. Oktober 2021 in Bad Saarow statt. Aufgrund der Pandemie wurde er in hybridem Format durchgeführt. Hier sehen Sie eine Rückschau der Vorträge, Podiumsdiskussion und Werkstätten, in denen erstmals die Grundlagen der Tourismusstrategie mit der Branche diskutiert wurden.

Der Brandenburgische Tourismustag 2021 fand als hybride Veranstaltung statt. Am Vormittag traf sich die Branche schon traditionell zum OSV-Tourismusbarometer, bevor um 14:00 Uhr der Tourismustag startete. Alles etwas kleiner, alles etwas anders, als wir es noch 2019 gewohnt waren, dafür aber mit wichtigen Botschaften. Denn: der Tourismustag war der Auftakt zur neuen Landestourismuskonzeption. Ziel des Tages war es, die Vorüberlegungen und Ideen für die Zukunftsfelder zu präsentieren und kurz zu diskutieren, die den brandenburgischen Tourismus die nächsten Jahre prägen werden. 

Hygienebedingt war die Zahl der Anwesenden leider limitiert. Es waren ca. 70 Personen vor Ort, weitere 150 an den Bildschirmen zugeschaltet. 

1. Teil (Hybrid): Zukunftsfelder der Landesentwicklung

Nach den Grußworten von Landrat Rolf Lindemann und Martin Linsen, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg, starteten Dr. Mathias Feige sowie Dr. Andreas Zimmer mit einem Rückblick auf die Zukunftsdialoge, die im Sommer 2021 mit Expertinnen und Experten stattgefunden hatten. 

In diesen wurden auf Einladung und Vorsitz von Staatssekretär Hendrik Fischer wichtige Zukunftsfelder der Landesentwicklung thematisiert, die für den Tourismus als Rahmenbedingungen von großer Bedeutung sind. Einige der dort aufgeworfenen Thesen wurden nun stichpunktartig vom Duo Feige/Zimmer präsentiert. 

Dr. Feige und Dr. Zimmer auf der Bühne des Brandenburgischen Tourismustags

Die Zukunftsfelder sind:

  • Gemeinwohl
  • Nachhaltigkeit
  • Smart & Digital
  • Netzwerke statt Hierachien
  • Neue Steuerungsverständnis
  • Menschen im Mittelpunkt 
  • Ganzheitliche Lebensräume
  • Internationalisierung

Diese Zukunftsfelder sind nicht die Handlungsfelder der neuen Landestourismuskonzeption, sondern der Hintergrund vor dem diese in den kommenden Monaten gestaltet werden soll.

Podiumsdiskussion mit Branchenvertretern

Im Anschluss an die Präsentation fand eine Podiumsdiskussion mit folgenden Teilnehmenden statt, in der diese Thesen gespiegelt wurden:

  • Jutta Braun | Kongresshotel Potsdam
  • Dieter Hütte | TMB
  • Dieter Lübberding | Königlicher Campingplatz
  • Christian Müller-Lorenz | Kulturland Brandenburg
  • Eugen Nowak | Biosphärenreservates Spreewald
  • Ellen Russig | Landestourismusverband & Tourismusverband Seenland Oder-Spree
  • Ernst Volkhardt | TMT & Naturtherme Templin

Brandenburgischer Tourismustag 2021

Podiumsdiskussion mit Gästen aus der Branche.

2. Teil (nur vor Ort): Arbeit in Werkstätten

Im Anschluss an die Vorträge und die Podiumsdiskussion wurden in vier parallelen Workshops viele Gedanken, Ideen, Meinungen und erste Assoziationen der Teilnehmenden zum jeweiligen Thema aufgenommen und für den weiteren Prozess festgehalten. 

Werkstatt 1: Lebensräume und Regionalentwicklung

In der von Isabell Kudobe und Dr. Andreas Zimmer Werkstatt 1 ging es um ganzheitliche Lebensräume, neue Gemeinschaften in den ländlichen Räumen, Kultur und aktive Regionalentwicklung. Schnell zeigte sich, dass diese Themen durchaus diskursiv sind. Zum Beispiel die damit verbundenen Aufgaben von Destinationsmanagementorganisationen. Während einige von mangelnden Ressourcen berichteten oder die Regionalentwicklung eher bei anderen Organisationen sehen, meinten andere, dass es unbedingt ihre Aufgabe wäre.

Auch die zunehmende Attraktivität von Brandenburg für Berlinerinnen und Berliner, die nicht nur für einen Urlaub oder Ausflug kommen, wurde kontrovers diskutiert. Für den einen "Segen", für andere "Fluch". Schnell war man da bei Themen wie Besucherlenkung, Ausbau von Infrastrukturen, die notwendige Sensibilität von "Zuzüglerinnen und Zuzüglern", Willkommenskultur u.a.m.

Spannend auch das Statement, dass Kultur als immanenter Bestandteil des Tourismus mitgedacht werden muss und nicht nur ein Zusatz ist. Insgesamt eine rege Runde, die Lust auf die weiteren Dialoge macht.

Karten mit touristischen Begriffen an einer Pinnwand

Werkstatt 2: Fachkräfte

Bei diesem Thema wurde sehr schnell und in allen Gruppen deutlich: es beschäftigt alle am Tourismus Beteiligten und die Branche steht hier vor großen Herausforderungen. Die drei wichtigen Zielgruppen bei diesem Thema waren für die Teilnehmenden der Werkstatt zu gleichermaßen die Mitarbeitenden, die Arbeitgebenden sowie die Gruppe der Gäste. Alle drei müssen in Überlegungen einbezogen und bei Maßnahmen berücksichtigt werden.

Neben den harten Fakten, die schon lange diskutiert werden und für die es politische Unterstützung braucht, wie z. B. eine gerechte Bezahlung, die notwendige Anpassung und Flexibilisierung von Arbeitszeitregelungen und die Änderung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes, wurde sehr schnell deutlich, dass es heute um weit mehr als das geht.

Denn: Bedürfnisse und Wertevorstellungen der Arbeitnehmenden haben sich geändert: die Vereinbarkeit von Leben und Arbeit ist heute für viele wichtiger denn je. Arbeitgebende müssen offen dafür sein, ggf. Betriebsabläufe anpassen, Digitalisierung zulassen und auch flexibel auf Veränderungen reagieren. Dafür müssen sie Schritt für Schritt fit gemacht werden. Passende berufsbegleitende Angebote für Führungskräfte könnten hier eine Unterstützung sein. In allen Runden während der Werkstatt fiel wiederholt der Begriff Wertschätzung. Eine offene Feedbackkultur, die eine Kommunikation auf Augenhöhe zulässt und die Möglichkeit für Mitarbeitende, sich aktiv einzubringen, könnte helfen, die Zufriedenheit zu erhöhen und Entwicklungspotenziale zu heben.

Karten mit touristischen Begriffen an einer Pinnwand

Die Verantwortung liegt jedoch nicht nur bei den Arbeitgebenden allein, so die Teilnehmenden. Neben den Dingen, die in den Betrieben vor Ort umgesetzt werden, ist es die Aufgabe der Branche insgesamt das Image der Berufe in der Gesellschaft zu verbessern und Begeisterung zu wecken. Hierzu sind neben Kommunikationsmaßnahmen, die gute Beispiele zeigen, wichtig auch Projekte anzugehen, die z. B. schon in der Phase der Berufsorientierung in der Schule ansetzen. Zusätzlich sind umfangreiche Mitarbeiter-Benefits, die neben dem Anreiz und der Motivation in Form von Vorteilen oder Vergünstigungen auch einen Wissenstransfer durch Produkterfahrungen bei anderen Anbietern mit sich bringen, denkbar.

Die dritte Säule bildet der Gast: „Der Kunde ist König oder Königin“ gilt sicher noch heute, muss jedoch weiter gedacht werden, denn Angestellte sind keine Bediensteten, sondern Teil des Erlebnisses, der Erfahrung während einer Reise. Auch hier muss auf Augenhöhe kommuniziert, um Verständnis geworben oder schlichtweg erklärt werden. Zusätzlich kann ein umfangreicher Erfahrungsaustausch der Anbieter im Tourismus helfen.

Als Ergebnis der Werkstatt hielten die Werkstattleitenden Mathias Knospe und Doreen Apelt fest: es gilt zukünftig dringend an den benannten Stellschrauben zu drehen, um Umsätze durch veränderte Arbeitsweisen und neue Lösungsansätze erhöhen zu können, sowie mit einen Imagetransfer der Berufsbilder zukünftige Mitarbeiter zu werben und zu halten, gestützt auf einem wertschätzenden Miteinander, um die Zukunft der Branche zu sichern.

Werkstatt 3: Nachhaltigkeit

Die von Dirk Wetzel und Dr. Jan Behrens geleitete dritte Werkstatt befasste sich mit dem Riesenthema „Nachhaltigkeit“. Vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Workshops brannte das Thema unter den Nägeln, denn Touristiker in Brandenburg sind sich wohlbewusst, dass die natürlichen Ressourcen des Landes die Basis der bisher erfolgreichen Entwicklung sind. Diese gilt es zu erhalten und so wurden im Laufe der Werkstatt auch schnell wichtige Themen, (bereits drängende) Fragestellungen und auch Zielkonflikte aufgeworfen, u.a.

Karten mit touristischen Begriffen an einer Pinnwand
  • Wenn die Ressource „Wasser“ schwindet, wie wird sich der Wasserhaushalt entwickeln und welche Entscheidungen müssen getroffen werden (Stichwort Tagebaufolgelandschaften und Spree)?
  • Wie schaffen wir es, mehr regionale Produkte in Gastronomie/Hotellerie zu bringen, um auch in der Region damit mehr Wertschöpfung zu erzielen?
  • Brandenburg ist jetzt schon bekannt für seine regenerativen Energien – wie kann mehr mit neuen Technologien passieren?
  • Landesnahverkehrsplan & Co.: Wir brauchen neue und flexiblere Mobilitätsformen und -ketten.
  • Welche neuen Kooperationen und systemischer Ansätze bedarf es, um die Herausforderungen zu meistern?

Werkstatt 4: Gemeinwohlorientierung

Ein gutes Leben, Fairness, ethisches Wachstum oder kurz: Gemeinwohlorientierung. Unter diesem Thema stand die vierte Werkstatt am Nachmittag des Brandenburgischen Tourismustages im Theater am See in Bad Saarow.

Was ist nötig? Wollen und brauchen wir eine stärkere Gemeinwohlausrichtung für den Brandenburgischen Tourismus? Was bedeutet das eigentlich und was muss sich verändern? Was steht dem im Weg, was sehen wir kritisch? Das waren die Fragen, die Anja Noffz und Dr. Mathias Feige in die Runde warfen.

Karten mit touristischen Begriffen an einer Pinnwand

Im Rahmen der World-Café Methode diskutierten die Teilnehmenden  über die Möglichkeiten und Grenzen von gelebter Teilhabe und Partizipation, über Verantwortung von Unternehmen und die Rolle von Kommunen, über regionales Inseldenken, Daseinsvorsorge, Interessensausgleiche und Wertschöpfung vor Ort. Gesprochen wurde aber auch über das wie: es ging um Augenhöhe, Wertschätzung, Authentizität und die Wahrung von Identitäten.

Zusammenfassung

Insgesamt sammelten die Teilnehmenden innerhalb des einstündigen Workshops viele gute Ideen, Hinweise und Beispiele aus der Praxis. Es wurde offen und durchaus kritisch diskutiert und aufgezeigt, woran wir zusammen als Brandenburgischer Tourismus in der Zukunft noch arbeiten müssen. Die Werkstätten an diesem Tag bildeten dafür den Start. Einfließen werden die Ergebnisse in die Neuausrichtung der Tourismusstrategie Brandenburg.