Digitalisierung

Besuchermessung in Brandenburg

08.03.2023
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Von Dirk Schmücker (NIT), Andrea Möller, Martina Kirchhoff-Feil (dwif), Tilmann Sobk (absolut gps)

Hier finden Sie aktuelle Informationen zum Pilotprojekt Besuchermessung in Brandenburg.

Projekt Besuchermessung im Land Brandenburg 

Besuchermessung ist eine notwendige Voraussetzung für Besuchermanagement. Aber wie funktioniert das? Wo und was soll gemessen werden? Und wofür überhaupt? Mit dem Projekt „Besuchermessung in Brandenburg“ sollten Kommunen und Regionen noch besser in die Lage versetzt werden, die technologischen Möglichkeiten der Besuchermessung vor Ort zu erfahren und zu implementieren.

Grundlage des Projektes war die Förderrichtlinie „Digi-Tour-Invest“, über welche das Land Brandenburg 2022 neben der Installation von Displays und Informationsstelen im öffentlichen Raum auch die Installation von Anlagen, die dem digitalen Besuchermanagement und insbesondere der digitalen Besucherlenkung dienen (vorrangig in Kur- und Erholungsorten des Landes Brandenburg). Im Rahmen von Pilotuntersuchungen wurden an verschiedenen Standorten in Brandenburg erste Konzeptionen zum Thema Besuchermessung entwickelt. Die Pilotuntersuchungen bestanden in der Regel aus Gesprächen und Begehungen vor Ort und mündeten in einem Kurzkonzept mit konkreten Vorschlägen zur Implementierung von digitalen Besuchersensoren.

Kontakt

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Julia Thoms

Digitale Innovationen

TMB Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH
Babelsberger Str. 26
14473 Potsdam
Deutschland

Hot-Spot Analyse verschiedener Standorte in Brandenburg

Insgesamt 9 Brandenburger Kommunen nahmen an dem Projekt teil. Aufgrund unterschiedlicher Ausgangsbedingungen waren auch die Schwerpunkte der Messziele verschieden.  An verschiedenen Standorten in Brandenburg wurden erste Konzeptionen zum Thema Besuchermessung entwickelt. Die Pilotuntersuchungen bestanden in der Regel aus Gesprächen und Begehungen vor Ort und mündeten in einem Kurzkonzept mit konkreten Vorschlägen zur Implementierung von digitalen Besuchersensor

1. Liepnitzsee/ Wandlitz

Der Liepnitzsee ist vor allem im Sommer ein beliebtes Ausflugsziel. In der touristischen Haupt- und Badesaison reisen täglich bis zu 20.000 Tagesgäste nach Wandlitz an den Liepnitzsee, was sowohl ein infrastrukturelles als auch ordnungspolitisches Problem darstellt. Unter anderem wird dort zunehmend wild gecampt, gefeiert, gegrillt oder Feuer gemacht.

Im Rahmen der Konzeption wurden elf Mess-Standorte rund um den See definiert, um ein vollständiges Bild der Besucherströme zu erhalten. Die Mess-Standorte umfassen sowohl Parkplätze als auch Wege um den See, Straßen zum See und auch den Bahnhof. Der Liepnitzsee ist sehr gut als Pilotprojekt für ein digitales Besuchermess-System geeignet, weil es konkret benennbare Problemlagen und gut geeignete Messpunkte für ein solches System gibt. Hier kann die Wirksamkeit von digitalem Besuchermanagement an einem zeitweise hochfrequentierten Hotspot erprobt und optimiert werden.

Bild Liepnitzsee

Auf dem Wasser des Liepnitzsees

Quelle:

TMB Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH

Steffen Lehmann

Potsdam ist einerseits als historisch bedeutsame Stadt in der Nähe von Berlin, andererseits als Universitäts- und Landeshauptstadt ein touristischer Anziehungspunkt für internationale Gäste, der zeitweise und örtlich begrenzt Überlastungserscheinungen zeigt. Es sind aber nur sehr wenige belastbare Besucherzahlen verfügbar, weder für den öffentlichen Raum noch für einzelne PoI, Attraktionen oder Veranstaltungen. Selbstverständlich wissen die Betreiber von Attraktionen und die Veranstalter von Events recht gut über ihre Besucherzahlen Bescheid: Immer dann, wenn Transaktionen getätigt werden (z. B. eine Reservierung oder ein Verkauf), fallen Transaktionsdaten an. Allerdings sind diese Daten in der Regel nicht öffentlich verfügbar.

Das Kurzkonzept sollte helfen, sinnvolle Anwendungen und Messpunkte aufzuzeigen und in der Stadt für das Thema Besuchermanagement zu sensibilisieren. Dabei wurde deutlich, dass die Messung im Freien mit digitalen Besucher-Sensoren idealerweise um Transaktionsdaten, aber auch um die im Rahmen der Smart City-Initiative der Landeshauptstadt geplanten Datenquellen ergänzt werden sollte. Das stellt besondere Ansprüche an die Vernetzungstätigkeit der DMO innerhalb der Stadt.

Schloss Babelsberg

Blick vom Wasser auf Schloss Babelsberg in Potsdam

Quelle:

TMB Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH

Steffen Lehmann

In Bad Freienwalde liegen bisher keine belastbaren Daten zu Besucherströmen vor. Lediglich eine Besucherzählung in der Tourist-Info sowie manuell an den vier Aussichtstürmen, die von Wanderern und Spaziergängern häufig besucht werden, ist bisher möglich. Outdooraktivitäten sind ein Kernelement der Destination. Daher würde nur eine digitale Besuchermessung an den hochfrequentierten Wanderwegen ein realistisches Bild zu Besucherzahlen und Besuchszeiten liefern können.

Im Rahmen des Kurzkonzeptes wurden daher elf Standorte mit 16 Messpunkten definiert. Die Mess-Standorte befinden sich an den Zugängen der vier Aussichtstürme, aber auch an Stationen und Wegen in den ausgedehnten Waldgebieten rund um Bad Freienwalde. Außerdem wurden das Fontanehaus und ein innerstädtischer Parkplatz, der häufig von Touristen frequentiert wird, berücksichtigt. Zielsetzung dieses Pilotprojektes war weniger die Vermeidung von Überlastungen, sondern eher das Generieren von Basisinformationen zur Frequentierung der touristischen Attraktionen in der Destination.

Wandern in Bad Freienwalde

Wandern in Bad Freienwalde

Quelle:

Seenland Oder-Spree e.V.

Florian Läufer

Das Thermalsole- und Moorheilbad und anerkannter Kurort Bad Saarow und die Gemeinden Wendisch Rietz und Diensdorf-Radlow im Amt Scharmützelsee liegen nur rund 70 km südöstlich von Berlin. Ein attraktives Freizeitangebot (Thermalsolebad, Freizeitpark Scharmuntzelland), ein breites Spektrum an Beherbergungsinfrastruktur, zahlreiche Rad-/Wanderwege, Naturschutzgebiete und Badestellen um den See herum machen die Gemeinden zu wichtigen Anlaufpunkten und Aufenthaltsorten für Ausflügler, Kurgäste, Wellnessorientierte und Aktivtouristen. Allein Bad Saarow verbuchte 2019 rund 380.000 Übernachtungen in gewerblichen Betrieben. Weitere Infrastrukturmaßnahmen sind geplant, woraus Nachfragezuwächse und Veränderungen im Verkehrsaufkommen (absolute Frequenz, Struktur, zeitlich-räumliche Verteilung) zu erwarten sind. Besuchermessungen und die mittel- bis langfristig gezielte Lenkung von Besucherströmen sollen sowohl der Infrastrukturplanung dienen als auch für eine Entzerrung stärker frequentierter Standorte sorgen. Bislang ist die Datenlage dafür nicht ausreichend. Im Rahmen des Kurzkonzeptes wurden 17 Standorte rund um den Scharmützelsee mit 22 Messpunkten definiert, mit denen valide Aussagen zur tatsächlichen Besucherfrequenz und v.a. auch Verkehrsströmen an einem überregional bekannten Standort mit zahlreichen touristischen Angeboten und entsprechendem Gästeaufkommen möglich sind. 8 der 17 Sensorik-Standorte sind denn auch für die Messung von Radfahrenden und PKW-Verkehr ausgelegt, 3 an den Bahnhaltepunkten vorgesehen, um Veränderungen beim Modal Split, also der Aufteilung auf die unterschiedlichen Verkehrsträger, beobachten zu können.

SaarowMarina Fontanepark in Bad Saarow am Scharmützelsee

SaarowMarina Fontanepark in Bad Saarow am Scharmützelsee

Quelle:

Danny Morgenstern

Die Stadt Senftenberg (niedersorbisch Zły Komorow) ist ein staatlich anerkannter  Erholungsort im Südosten Brandenburgs und Kreisstadt des Landkreises Oberspreewald-Lausitz (OSL), gelegen an der Schwarzen Elster sowie am Senftenberger See, einem der größten künstlich angelegten Seen Deutschlands. Mit ihren sechs Ortsteilen grenzt Senftenberg außerdem an den Sedlitzer, Geierswalder, Großräschener und Partwitzer See und ist Teil des Tourismusverbandes Lausitzer Seenland sowie des Naturparks Niederlausitzer Heidelandschaft. Die Stadt ist mit knapp 353.000 gewerblichen Übernachtungen der wichtigste Übernachtungsort der vergleichsweise jungen Destination Lausitzer Seenland, die sich mit dem Fluten der Bergbaufolgelandschaften sukzessive zu einer Radtourismus- und Wassersportaktivregion entwickeln konnte. Für Senftenberg und den Zweckverband Lausitzer Seenland Brandenburg (ZV LSB) lag der Schwerpunkt auf der sinnvollen Ergänzung bestehender Messpunkte im Radverkehr entlang wichtiger Rundrouten um und bezogen auf die Frequenz an markanten Aussichtspunkten an den Seen. Im Rahmen eines Coachings (ohne Vor-Ort-Besuch) wurde für Senftenberg ein reduziertes Kurzkonzept erstellt. Darin wurden fünf Standorte mit jeweils einem Messpunkt definiert. Der Use Case Senftenberg zeigt, dass man auch mit einer schlanken Schwerpunktsetzung in das Thema Besuchermessung einsteigen kann. Die Beschränkung auf Seen und Radwege mit einer gezielten räumlichen Verteilung an Knoten- und landschaftlichen Attraktionspunkten (Aussichtstürme) schafft ein erstes Gerüst, um die verschiedenen Standorträume im Gebiet Senftenberger See (Südsee) als Hauptprodukt mit den angrenzenden Seen Sedlitzer See - Geierswalder See - Parwitzer See einerseits und Großräschener See andererseits besser in ihrer Entwicklung vergleichen zu können. Im überregionalen Interesse sollten bei künftigen Messstandorten immer auch die Fernradweg-Verbindungen mitgedacht werden (Dresden-Berlin-Radweg), um gerade hier Erfolgsmessung und infrastrukturelle Planung zu unterstützen.

Radfahrer am "Rostigen Nagel" Senftenberger See

Radfahrer am "Rostigen Nagel", Senftenberger See

Quelle:

Foto: Nada Quenzel, Lizenz: Tourismusverband Lausitzer Seenland e.V.

Mit der Stadt Cottbus wurde im Rahmen des Projektes eine erste Grobsondierung vorgenommen. Diese ergab, die wichtigsten Messpunkte in der Stadt und am derzeit entstehenden Cottbusser Ostsee in die Besuchermessung aufzunehmen. Wichtig erscheint die Prüfung zur Einrichtung von Messpunkten und einem perspektivisch notwendigen Besuchermanagement auch im Zusammenhang mit der für 2033 avisierten Bundesgartenschau. Eine detaillierte Vor-Ort-Analyse fand in Cottbus nicht statt, allerdings wurden die Grundlagen für eine potenzielle Antragsstellung formuliert.

Entstehender Cottbuser Ostsee

Entstehender Cottbuser Ostsee

Quelle:

CMT Cottbus

Andreas Franke

Das Zentrum von Burg (Spreewald) ist besonders in der Hauptsaison sehr stark frequentiert. Obwohl der Ort selbst nur ca. 4.000 Einwohner aufweist, zählt Burg in der touristischen Hauptsaison jährlich etwa 660.000 Übernachtungen sowie bis zu 700.000 Tagesgäste. Für 2019 ermittelte das dwif im Rahmen einer Wirtschaftsfaktorstudie ein Gesamtvolumen von 1.894 Millionen Aufenthaltstagen. Diese Situation deutet stark auf Overtourism hin, was ein entsprechendes Besuchermanagement verlangt. Als Grundlage dafür sowie für die Analyse der tatsächlichen Besucherzahlen, sollte eine Besuchermessung durchgeführt werden. Die zu erhebenden Daten sollen zur frühzeitigen Erkennung von Besucherspitzen dienen. Dadurch kann eine Überlastung lokaler Hotspots vermieden werden und eine Umlenkung tagestouristischer Verkehrsströme zu alternativen Zielen stattfinden. Insgesamt wurden hierfür fünf Standorte (zwei Parkplätze, drei Häfen) mit insgesamt 7 Messpunkten definiert. Aufgrund der fehlenden Verfügbarkeit von Bahn- und weiteren ÖPNV-Anbindungen, reisen Besucher nahezu ausschließlich mit dem PKW oder in Reisebussen an, weshalb die Messung an den Parkplätzen empfohlen wird. Die starke Konzentration auf wassertouristische Angebote durch die Besucher, die sich an den Häfen ballen, lässt auf die Relevanz einer dortigen Messung schließen.

Touristinformation Burg (Spreewald)

Touristinformation Burg (Spreewald)

Quelle:

Amt Burg (Spreewald)

Touristinformation Burg (Spreewald)

Die Stadt Lübben zählt in der touristischen Hauptsaison jährlich etwa 250.000 Übernachtungen sowie bis zu 400.000 Tagesgäste mit nur etwa 14.000 Einwohnern. Da der regionale Tourismus zunehmend an Attraktivität gewinnt, ist auch in Lübben selbst bereits ein höheres Besucheraufkommen wahrzunehmen (besonders stark frequentiert: Altstadt, Schlossinsel) z.B. an Feiertagen oder in den Sommerferien. Vor dem Hintergrund eines nachhaltigen Tourismus ist es für Lübben von Bedeutung, Besucherströme entsprechend gut zu lenken.

Mit einem effizienten Besuchermanagement, d.h. der Messung und Beeinflussung der Besucherströme sowohl räumlich als auch zeitlich, soll möglichst erreicht werden, eine zeitweise auftretende, erhöhte Nachfrage in Einklang mit Anwohnern, Natur und Infrastruktur vor Ort zu bringen.

Eine Erfassung der Daten wird rund um die Schlossinsel, am Wasserspielplatz auf der Schlossinsel, an der Schleuse in der Hauptspree (auf Höhe Lindenstraße) sowie an zwei Parkplätzen empfohlen, ebenso ein Monitoring der Wasserwege bzw. der Hafensituation, um Staus an der Schleuse und überfüllte Häfen zu vermeiden. Das Monitoring der Parkplätze dient der Quantifizierung der Gesamtbesucherzahl. In Lübben wurden sechs Standorte/Areale mit insgesamt 11 Messpunkten definiert.

Mit dem Besuchermonitoring-Konzept ist es möglich, ein realistisches Abbild der tatsächlichen Besucherströme und Parkplatzinanspruchnahmen zu zeichnen.

Touristen auf dem Wasser im Kahn in Lübben

Touristen auf dem Wasser in Lübben

Quelle:

TMB Fotoarchiv

Doreen Ludwig

In der Stadt Lübbenau im Biosphärenreservat Spreewald leben rund 16.000 Einwohner. Mit ca. 84.000 Gästen und 215.000 Übernachtungen in der touristischen Hauptsaison zählt Lübbenau im Tourismus zu den TOP 10-Gemeinden in Brandenburg und – nach Burg – zu den besucherreichsten Spreewald-Gemeinden. Besonders frequentiert sind auch hier die Altstadt, der Bereich Lehde und die Wasserwege. Wie in Lübben verlangt eine künftig nachhaltige Tourismusentwicklung, welche die Akzeptanz der Einwohner und Naturschutzbelange im Blick behält, auch hier ein effizientes Besuchermanagement (Messung und Beeinflussung der Besucherströme). Dabei ist die Entflechtung der Nachfrage sowohl räumlich (bestimmte Orte, neuralgische Punkte), als auch zeitlich (bzgl. Tageszeiten, Wochentagen, Jahreszeiten) zu prüfen. Zunächst war eine generelle Erfassung der Besucherzahlen und Verkehrsströme das Ziel. Hieraus sollten Peak-Zeiten und bislang noch nicht bekannte Hotspots gefiltert werden, um im nächsten Schritt Maßnahmen zu ergreifen, welche die Entzerrung des Gäste- und Verkehrsaufkommens an den o.g. Orten und neuralgischen Punkten beinhalten. Bestenfalls geht es auch hier darum, mit der Messung der Ströme in Echtzeit eine Umlenkung auf alternative Orte/Bereiche zu erreichen und damit letztendlich die Aufenthaltsqualität zu verbessern. Insgesamt wurden 16 Zählstandorte in neun Arealen definiert.

Freilandmuseum Lehde im Spreewald

Freilandmuseum Lehde im Spreewald

Quelle:

Foto: Museum OSL

Die erstellten technischen Machbarkeitskonzepte konnten von den Kommunen für den Förderantrag eingereicht oder für weitere Entwicklungen verwendet werden.

Wir verfolgen das Thema Besuchermessung im Jahr 2023, in dem wir uns schwerpunktmäßig mit Datenbanklösungen, der Verschneidung und Anreicherung von Daten und technischen Lösungen für die Kommunikation mit dem Gast anschauen und testen.